Wir waren ein Haufen Verrückter

Schöppingen - Ein warmer Tag im August 1989. Tausende junge Menschen sind auf den Schöppinger Sportplatz gekommen, sitzen auf dem Rasen, tanzen, lauschen der Musik. Auf der Bühne: die irische Musiklegende Rory Gallagher.

Richard Hölscher erinnert sich gerne an diesen Sommer zurück, in dem der Kulturring zusammen mit dem Motorradclub ein Musikfestival auf die Beine stellte, das alle Dimensionen der Vechtegemeinde sprengen sollte. Etwa 5000 Besucher, schätzt Hölscher, strömten seinerzeit nach Schöppingen, um Gallagher und andere Größen der Szene zu sehen. Die Organisatoren hatten zuvor Tag und Nacht gewerkelt: Karten verkauft, die Bühne aufgebaut, Plakate angebracht. Tatkräftige Unterstützung bekamen sie dabei von der gesamten Gemeinde. „Wir waren ein Haufen Verrückter voller Euphorie“, sagt Hölscher. „Wir hatten keine große Ahnung, was wir da eigentlich machen.“ Aber es ging gut.

Ebenso legendär, aber weniger erfolgreich war dann die Ausgabe des Open Air im Jahr 1992. Damals standen die „Beastie Boys“ und die „Pogues“ auf der Bühne am Sportplatz. Das Wetter machte den Veranstaltern jedoch einen Strich durch die Rechnung: Bei strömendem Regen kamen weniger Besucher als erwartet. Und so fand das „Vechte Vestival“ in dem Sommer zum letzten Mal statt. „Trotzdem war es ein Erlebnis, das in Erinnerung bleibt“, sagt Hölscher.

Zwei Höhepunkte in der Geschichte des Kulturrings, der im zu Ende gehenden Jahr sein 25-jähriges Jubiläum feiern durfte. Doch die zwei Ausgaben des „Vechte Vestival“ sind nicht die einzigen Veranstaltungen, auf die Hölscher als ein Mitglied des Vereins gerne zurückblickt. Im Jahr 1986 aus einem Filmclub heraus gegründet, organisierte der Ring über die Zeit zahlreiche Events, die das kulturelle Leben in Schöppingen und Umgebung prägen sollten - von Konzertabenden bis Kabarett. „Legendär waren auch die Auftritte der Fantastischen Vier in Borken, die wir organisiert haben“, sagt Hölscher. Ebenso denkwürdig sei der Abend gewesen, an dem die Band „Echt“ spielte und das Fernsehen dabei war, als Sänger Kim Frank mit dem Autor Benjamin von Stuckrad-Barre hinter der Bühne diskutierte.

Nicht zu vergessen das Bluesfestival, das in diesem Jahr ebenfalls ein Jubiläum feierte. Im Sommer fand die Veranstaltung, die seit jeher vom Motorradclub mitorganisiert wird, bereits zum 20. Mal statt. „Als wir damals damit anfingen, hat sich niemand für Blues interessiert“, erzählt Richard Hölscher. Über die Jahre sei das Festival aber zu einer echten In­stitution geworden, inzwischen kämen in jedem Jahr rund 1500 Besucher aus ganz Deutschland und Europa nach Schöppingen. Unter internationalen Künstlern genieße das Bluesfestival einen exzellenten Ruf. „Manche spielen ihre einziges Deutschland-Konzert ausgerechnet hier bei uns.“

Ein Jubiläum ist aber nicht nur ein Anlass für einen Rückblick, sondern immer auch für einen Ausblick. „Klar, wir werden alle älter“, sagt Hölscher. „Viele von uns haben auch gar nicht mehr so viel Zeit für die ehrenamtliche Arbeit wie früher.“ Dennoch soll es beim Kulturring weitergehen, vor allem auch weil der Verein immer noch auf die Unterstützung aus der Bevölkerung bauen könne. Für das neue Jahr gebe es neben den traditionellen Terminen schon einige Pläne für neue Veranstaltungen, verrät Hölscher - zum Beispiel für Events in der Alten Druckerei. Was genau ihm vorschwebt, will Hölscher noch nicht sagen. „Aber ich hoffe, dass wir einiges auf die Beine stellen werden.“

VON ANNE ALICHMANN, GRONAU
Westfälische Nachrichten

An diesem Sommerabend im August gastierte unter anderem Roger Chapman.Foto: (privat)