Überraschung vom anderen Ende der Welt
Schöppingen - Längst steht die Mondsichel über der Bühne. Das Publikum wurde bereits reich beschenkt. Und dann legen Henrik Freischlader und Weggefährten von Gary Moore noch ein Päckchen obendrauf.
Als der raumgreifende Klang der Hammond-Orgel von Vic Martin sich mit Freischladers kristallklaren Gitarren-Klängen zu Moores Version von „The Messiah will come again“ vereinen, ist der musikalische Höhepunkt des ersten Festivaltags erreicht.
Mit sympathischer Ehrfurcht spielte Freischlader gemeinsam mit Vic Martin, Pete Rees (Bass) und Darrin Mooney (Schlagzeug) und zollte damit einem großen Gitarristen seinen Tribut. „Ich bin ein großer Fan von Gary Moore und davon überzeugt, dass es keinen besseren Gitarristen geben kann“, fasste Freischlader in Worte, was er dann in Tönen vortrug. Ein Fest, nicht nur für Fans des 2011 gestorbenen Gary Moore.
Die Neuentdeckung des Festivals kam dagegen vom anderen Ende der Welt an die Vechte: Die „Mason Rack Band“ nahm eine 36-stündige Reise aus Australien auf sich, um den Blues-Fans im Münsterland einzuheizen. Und genau das tat das Trio mit einer Show, die ihresgleichen sucht. Die drei bürsten alle Genre-Zuordnungen gegen den Strich. Mason Rack kombiniert das Kreischen seiner Slide-Gitarre mit rauchig-röhrendem Gesang. Nathan Lee-Archer peitscht die Bass-Saiten und Joel Purkess steuert Drum-Beats bei, die wie Gewehrschüsse knallen.
Doch statt mit „Böse-Buben“-Attitüden kombinieren sie diesen grandiosen Gewittersturm mit sonnigem Charme und manchem Kabinettstückchen. Das erste: ein fliegender Wechsel an den Instrumenten im Uhrzeigersinn: Rack geht hinter das Schlagzeug, Purkess schnappt sich den Bass und Lee-Archer spielt Gitarre und singt dazu. Noch besser, eine Percussion-Einlage: Mit Drumsticks bearbeitet Rack ein metallenes Bierfass, dann den Bühnenboden und schließlich die Absperrgitter, hinter denen das Publikum johlt. Zurück auf der Bühne steigen Purkess und Lee-Archer mit einem zweiten Fass und einer Trommel ein. Während des Spiels rotieren die Musiker von einem „Instrument“ zum nächsten und werfen sich schließlich auch noch die Sticks zu wie Jongleure die Bälle. Mehr Unterhaltungswert geht kaum.
Dass es keine Gitarren braucht, um bei einem Bluesfestival zu überzeugen, bewiesen nachmittags „Tinez Roots Club“. Mit Tenor- und Bariton-Saxofon, Orgel und Schlagzeug eröffneten sie den musikalischen Reigen.
Cee Cee James erwies sich als Blues-Bardin wie aus dem Musterbuch des Genres: Ja, ihre Stimme klingt nach Janis Joplin! Keith B. Brown und seine Jungs bezauberten mit einem reduzierten, gefühlvollen Akustik-Set und Shane Dwight fegte als rockiger Blues-Tornado über die Bühne.
Wäre das 21. Bluesfestival am Samstagabend bereits zu Ende gewesen, wäre es schon da jeden Cent des Eintrittspreises wert gewesen.
fz
Quelle: Westfälische Nachrichten