Blues & more
Schöppingen - War das noch Blues, was Otis Taylor am späten Samstag mit seiner Band spielte? Ins typische Bluesschema passte seine Musik nur zeitweise. Er ging vielmehr weit zurück, bis zu den Wurzeln der Gattung: nach Afrika. Von der Musik, die Taylor zelebrierte, ging immer wieder dieser hypnotische Sog aus, der westafrikanischen Rhythmen eigen ist, und jeden Zuhörer schnell in den Bann zieht.
Von Martin Borck
Aber was sollte denn Anne Harris mit ihrer Geige dort? Das passte doch wirklich nicht. Oder? Doch! Während der Rhythmus die Klammer um die einzelnen Songs bildete, baute sich immer wieder ungeheure Spannung auf: Verdichtungen, die sich bis zum eruptiven Klangausbrüchen steigerten, wieder abebbten und sich aus Neue aufbauten. Wild sollte es abgehen, forderte Taylor. Aber diese Wildheit hatte der Gitarrist allein schon durch seine Klangregie voll unter Kontrolle. Eine subtile Wildheit war das, die direkt unter die Haut verabreicht wurde. Auf diese Weise gewannen Taylor und seine Mitmusiker auch Klassikern wie Hendrix‘ „Hey Joe“ ganz neue Facetten ab.
Apropos Facetten: Davon hat der Blues eine ganze Menge. Das Festival eröffnet hatten die beiden Franzosen Mathieu Pesque und Roll Pignault mit einem gehörigen Schuss Folk. Pesques Fingerpicking bot die Basis für das leidenschaftliche Spiel von Pignault auf der „little ‘arp“. Auch Songs wie Bob Dylans „The times are a-changin‘“, Neil Youngs „Heart of Gold“ und Bill Withers‘ „Lean on me“ gehörten zu den Titeln, zu denen Pignault – wenn er nicht die Harp spielte – die zweite Stimme sang.
Das Festival gebar einen neuen Hit namens „Soundcheck“: Reverend Peytons Big Damn Band sorgte schon beim Testen von Tonabnehmern und Lautsprechern für Stimmung. „Wir soll das denn weitergehen, wenn die Show richtig anfängt?“, fragte Chef Peyton. Und verabschiedete sich für eine Viertelstunde in den Backstagebereich. „Wir fangen viertel vor an. Regeln des Managements. Willkommen in Deutschland“, scherzte er. Witzig ging es dann auch beim eigentlichen Act zu: stampfend, rotzig mit Tempo und wenig Gefühl für feinere Klangschattierungen. Rauschebart Peyton schlug und zupfte die Gitarren (teils Marke Eigenbau mit nur drei Saiten). Gattin Breezy schlug augenrollend und grimassierend das Waschbett (, das sie schließlich sogar – Jimi Hendrix ließ grüßen – in Brand setzte). Aaron Persinger machte den Knüppeljung am Schlagzeug. Alles etwas brachial, aber durchaus musikalisch und durch die direkte Art der Country-Blueser ein spaßiger Auftritt.
Das Geschwister-Trio „Trampled under Foot“ begann etwas behäbig. Doch der erste Eindruck täuschte. Danielle Schnebelen erweis sich als waschechte Bluesmusikerin mit einer gewaltigen Stimme. Großartig die Kommunikation mit ihrem Bruder Nick, der ihren Gesang mit passenden Licks kommentierte. Je länger der Gig dauerte, desto funkiger und lockerer wurde das Trio. Kris, der zunächst etwas im Hintergrund agierte, rückte sein Können mit einem kräftigen Solo ins richtige Licht.
Noch eine andere Facette des Blues präsentierten JJ Grey & Mofro. Sieben Musiker auf der Bühne, darunter zwei Bläser und ein Keyboarder, die für fetten, souligen Sound sorgten. JJ überbrachte dem Publikum zunächst aber einen fast schmachtenden Gruß aus seinem Heimatstaat Florida („Lochloosa“). Ansonsten ging die Luzi ab. JJ‘S Stimme knarzte und röhrte, das es seine Art hatte. Ein kerniger Auftritt der Band, die – wie die anderen auch sichtlich Spaß an ihrer Performance hatten.
Quelle: Westfälische Nachrichten