24.08.2006 - Baby von einst feiert 15. Geburtstag
-tk- Schöppingen. Ursprünglich ist es das Resultat der größten Pleite des Schöppinger Kulturrings zumindest findet das der zweite Vorsitzende André Leugermann. Heute strömen die Menschen aus ganz Deutschland ein Mal im Jahr nach Schöppingen auf das Gelände des Vechtebads. Unter Liebhabern und Fans ist das Bluesfestival zu einer festen Größe in der Szene geworden, nicht zuletzt dank des vielen Herzblutes, mit dem die Mitglieder des Kulturrings zusammen mit den Mitgliedern des befreundeten Motorradclubs Friends of the Road das jährliche Konzert-Highlight in der Vechtegemeinde schlechthin vorbereiten. Aus der selbst gebastelten Bühne aus Bierkisten von einst ist heute eine professionelle Stage geworden, die dem Niveau der Veranstaltung gerecht wird. In diesem Jahr gibt es für die ehrenamtlichen Konzertmacher besonderen Grund zur Freude: Ihr einstiges Baby Bluesfestival feiert in diesem Jahr 15. Geburtstag, der Kulturring selbst besteht seit 20 Jahren.
Warum das Bluesfestival eigentlich der größten Pleite des Kulturrings entsprungen ist, erklärt André Leugermann. 1987 sei das damalige Open-Air-Festival wegen Wetterkapriolen buchstäblich den Bach runter gegangen, erinnert er sich. Danach habe es eine Helferparty auf dem Gelände des Motorradclubs gegeben, bei der eine Bluesband spielte. Damals sind wir auf die Idee gekommen, mit dem Motorradclub etwas in Richtung Blues zu organisieren, sagt Thomas Lohaus, erster Vorsitzender des Kulturrings. Ohne den Motorradclub, betont Geschäftsführer Richard Hölscher, hätte es das Bluesfestival so nie gegeben.
Auf der anderen Seite wurde das Bluesfestival seinerzeit auch aus einer Art Notlage heraus geboren. Festivals wie bis dato konnte man sich nicht mehr leisten, so Leugermann. Also mussten wir uns eine Nische suchen. Umso größer sei die Überraschung gewesen, als dann nahezu 200 Zuschauer zur Blueskonzert-Premiere kamen. Scheinbar ist die Nische Blues eine wirkliche Marktlücke. Wir haben gemerkt, dass es nicht viele Bluesfestivals im Freiluftbereich in Deutschland gibt, sagt Lohaus. Und so hat sich die Nachricht vom jungen, aufstrebenden Festival schnell herumgesprochen.
Auch das Medieninteresse ließ nicht lange auf sich warten: Nach dem mit 700 Zuschauern Durchbruch (Hölscher) anno 2000 es soll das einzige Bluesfestival mit Sonnenschein gewesen sein wurde 2001 der WDR offizieller Präsentator des Bluesfestivals. Es gab sogar zwei Mal eine Liveschaltung in die Sendung ,Aktuelle Stunde, so Hölscher.
Doch wie so oft: Mit dem Namen wuchsen mit den Jahren auch die Ansprüche. Ohne einen finanzkräftigen Mäzen wäre das Bluesfestival heute nicht mehr durchführbar, berichtet Leugermann. Deswegen heißt das Festival heute auch offiziell Grolsch-Bluesfestival, was den WDR dazu zwang, wegen der Gefahr von Schleichwerbung aus dem Geschäft auszusteigen.
Indes: Das Festival ist mittlerweile auch zu einem Selbstläufer geworden. Unsere Homepage wird mittlerweile von den Agenturen genutzt, um uns Bands zuzuschieben, freuen sich die Organisatoren über den hohen Bekanntheitsgrad des Bluesfestivals. Über 100 Anfragen haben wir allein in diesem Jahr bekommen, sagt Hölscher nicht ohne Stolz. Aus dieser Fluktuation ergibt sich andererseits ein dauerhaftes Problem: Die großen Stars, die noch greifbar sind, sind entweder unbezahlbar oder so rar, dass irgendwann ein Headliner wiederkommen wird. Viele haben sie schon nach Schöppingen geholt, darunter Peter Green und in diesem Jahr Johnny Winter. Die nächste Stufe wäre Eric Clapton, aber der ist unbezahlbar, sagt Richard Hölscher.
Das Festival ist also stets internationaler geworden in 15 Jahren. Doch seinen familiären, verträumten Charakter hat es sich bewahrt dank der 42 Mitglieder des Kulturrings, die mit Herz und Hand ihr Festival gestalten und seit 20 Jahren die Vechtestadt kulturell bereichern. Zwischen 16 und 50 Jahren sind die Mitglieder alt, und alle helfen mit. Zum Kreis der Macher gehört nur, wer einstimmig angenommen wird überzeugter Einsatz ist gefragt. Eine ganz große Hilfe sind auch die Jungs vom Bauhof, lobt Hölscher. Sie machen die Logistik im Hintergrund, transportieren, räumen zwischen Rock am Bad- und Bluesfestival auf und greifen den Mitgliedern des Kulturrings und des Motorradclubs Friends of the Road nach einem harten ersten Abend unter die Arme. Außerdem legt der Kulturring Wert auf seine Wurzeln: Der Wirtschaftsstandort Schöppingen hat Priorität, auch wenn Sachzwänge es nicht in allen Bereichen erlauben, in Schöppingen einen geeigneten Anbieter zu finden.
Und wie soll es nun weitergehen? Vielleicht noch 15 Jahre, jedenfalls so lange, wie wir noch Spaß haben und die Leute im Kulturring mitarbeiten, meinen die Organisatoren. Ganz entscheidend sind für den eingetragenen Verein die finanziellen Grundlagen, die vor allem auf Spenden beruhen. Wie lange das Bluesfestival auch immer bestehen wird, für eins wird sich der Kulturring wohl immer schelten lassen müssen: In 15 Jahren haben wir den Bands nie ein Goldenes Buch zum Signieren ausgelegt, lacht André Leugermann. Vielleicht wird ja der ein oder andere Star noch zurückkommen, um dies nachzuholen....